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Der Begriff "Webinar" ist als Marke geschützt – muss ich mich vor Abmahnungen fürchten?

Lesezeit: 3 Min.
| Author: Tom Schweitzer

Der Begriff „Webinar“ wurde im Jahr 2003 als deutsche Wortmarke unter der Markennummer: 30316043 ins Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) eingetragen. Der Schutz gilt vorläufig bis März 2023 (Stand: 2020), der Markeninhaber kann ihn danach verlängern lassen. Es stellt sich nun die Frage, ob bei der Ankündigung eines „Webinars“ eine Abmahnung drohen kann.


Generelle Betrachtung zur Wortmarke „Webinar“

Es ist erstaunlich, dass das Markenregister immer wieder auch Worte, die nur etwas beschreiben, als Marke registriert. Nach 10 Jahren werden diese Marken sogar bestandskräftig. Allerdings konnte man in den Jahren seit 2003 nirgendwo Abmahnungen wegen der Verwendung des Begriffs „Webinar“ beobachten.

Sollte dennoch einem Verwender einmal eine diesbezügliche Abmahnung widerfahren, ist dazu zu raten, sich auf die beschreibende Bezeichnung der Veranstaltung zu berufen (beispielsweise „Webinar zum Datenschutzrecht“) oder einfach einen anderen Begriff zu verwenden (beispielsweise „Web-Seminar“ oder Online-Seminar“.

Ein weiterer Weg wäre den Markeninhaber dazu aufzufordern, die rechtserhaltende Nutzung der Marke nachzuweisen, meint dazu Rechtsanwalt Christian Welkenbach von TCI Rechtsanwälte.


Keine rechtserhaltende Benutzung der Marke „Webinar“

Der Markeninhaber hat nach Kenntnis von Fachleuten seine Marke seit 2003 praktisch nicht in rechtserhaltender Weise verwendet. Das wäre aber laut § 26 MarkenG nach spätestens fünf Jahren nötig, damit eine eingetragene Marke schützenswert bleibt. Ansonsten droht ihr der Verfall, der allerdings von einem Interessenten beantragt werden muss.


Wie ist die Marke „Webinar“ konkret geschützt?

Der Schutz bezieht sich auf mehrere durch das Marken- und Patentamt definierte Klassen. Bedeutsam ist der Schutz nach Klasse 41. Demnach ist ein Webinar

  • das „Bereitstellen von Informationen im Internet“
  • die „Durchführung von Seminaren“.

Wenn beides zusammenkommt, also im Internet Informationen bereitgestellt und dazu dann Seminare durchgeführt werden, handelt es sich laut Markenamt um ein „Webinar“. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia nennt diese Veranstaltung ein „Web-Seminar“ und verweist auf die dabei stattfindende Interaktion zwischen Vortragendem und Teilnehmern.


Was passiert bei der Verwendung des Begriffes „Webinar“?

Die Antwort ist zunächst einfach: Bislang ist offenkundig dabei nichts passiert. Darauf verweist RA Dr. Maximilian Greger in einem Blogbeitrag. Dafür gibt es, wie aus den Ausführungen von Dr. Greger hervorgeht, mehrere Gründe. Zunächst einmal beschreibt das Wort „Webinar“ nur etwas, was der § 23 Nr. 2 des Markengesetzes ausdrücklich gestattet.

Schützenswert wäre demnach nur eine Bezeichnung für eine ganz bestimmte, singuläre Webinar-Veranstaltung, so, wie das Wort „Apple“ den gleichnamigen Konzern und seine Produkte schützen darf, jedoch nicht als englisches Wort für alle Äpfel dieser Welt geschützt ist.

Das Wort „Webinar“ gehört zweitens inzwischen zum allgemeinen Wortschatz. Das war 2003 beim Eintrag ins Markenamt noch nicht der Fall. Dennoch gibt es wohl durchaus Unternehmen, die ebenfalls solche im allgemeinen Sprachgebrauch verankerten Worte als Marke erfolgreich schützen ließen. Ein Beispiel wäre das Wort „Spinning“, das sich das Unternehmen Mad Dogg Athletics für eine seiner Marken schützen ließ und gegen dessen Verwendung die Firma durchaus mit Abmahnungen vorgeht.

So etwas ist aber bei „Webinar“ seit 2003 wohl nie passiert, jedenfalls nicht nach Kenntnis von RA Dr. Greger. Möglicherweise verfolgt der Markeninhaber seine diesbezüglichen Rechte nicht oder nur unzureichend. Er hat damit die Etablierung des Begriffes „Webinar“ im allgemeinen Sprachgebrauch toleriert und seinen Anspruch auf den Markenschutz sozusagen durch Gewohnheit verwässern lassen. Das könnte sogar zum Löschen der Marke führen (§ 49 II Nr. 1 MarkenG).

Diese Entscheidung müsste das DPMA treffen. Dieses nutzt das Wort auf seiner Website allerdings selbst. Es dürfte zu der diesbezüglichen Auffassung tendieren, dass Webinar eigentlich keine schützenswerte Marke sei.


Fazit: „Webinar“ kann gefahrlos verwendet werden

Es erschließt sich, dass der Begriff offenkundig gefahrlos verwendet werden kann. Wissenswert: Das Auftreten von „Allerweltsmarken“ ist häufiger, als es dem Laien scheinen mag. Das liegt wie im vorliegenden Fall daran, dass manchmal neue Begrifflichkeiten auftauchen, die zunächst exotisch und gleichzeitig wertvoll erscheinen, sodass sie sich jemand schützen lässt.

Wenn sie aber wie das „Webinar“ allgemeines Sprachgut werden, schafft es der Markeninhaber oft gar nicht, seinen Schutz durchzusetzen. Er lässt die Marke möglicherweise auch stillschweigend verfallen, was dann der Fall wäre, wenn der Markenschutz für das „Webinar“ ab 2023 nicht verlängert wird.


Update (3.7.2020)

Dr. Maximilian Greger schreibt in seinem Blog, er habe von der Löschung der Marke „Webinar“ wegen Verfalls auf Grundlage von § 49 II Nr. 1 MarkenG erfahren, also weil die Marke mittlerweile zur gebräuchlichen Bezeichnung wurde. Das ganze Problem könnte sich daher schnell erledigt haben. https://www.law-blog.de/1969/eingetragene-marke-webinar-droht-abmahnung-bei-verwendung/